Achtsamkeit in der Psychotherapie

Hier gibt es mehr Informationen zur Weiterbildung Achtsame Beratung für Interessierte, die in der psychosozialen Beratung arbeiten.

Bei der Achtsamkeit in der Therapie oder der Psychotherapie gibt es eine grundsätzliche Unterscheidung:

1. Die achtsame Haltung des Therapeuten
2. Achtsamkeitsbasierte Therapieverfahren


1. Achtsamkeit des Therapeuten
Die positive Wirkung von Achtsamkeit in der therapeutischen Praxis wurde von verschiedenen Autoren beschrieben. In der Psychotherapie gibt es, neben der konkreten Behandlungsmethode, viele Wirkfaktoren, unter anderem die der therapeutischen Beziehung und die Authentizität des Therapeuten. Empathie, Akzeptanz, Präsenz und Authentizität sind Fähigkeiten und Eigenschaften die einen positiven Einfluss auf die Therapie haben können. 
Achtsamkeit schult und fördert diese Fähigkeiten beim Therapeuten.
In vielen therapeutischen Therapieansätzen spielt Achtsamkeit eine Rolle, auch wenn sie nicht unbedingt so benannt wird.

2. Achtsamkeitsbasierte Therapieverfahren

Achtsamkeit in der Psychoanalyse
Die „gleichschwebende Aufmerksamkeit“ des Analytikers währen der Analyse-Sitzung ist mit dem Konzept der Achtsamkeit verwand.
Ein aktueller Vertreter von Achtsamkeit in der Psychoanalyse ist Jeremy D. Safran. Er führt mit angehenden Therapeuten Achtsamkeitstrainings durch. Ziel ist es, dass Therapeuten und Klienten bei schwierigen Gesprächsmustern die innere Weite und Offenheit wiederfinden können. Achtsamkeit hilft dabei, Interaktionsmuster zu erkennen.


Achtsamkeit in der Verhaltenstherapie
Den größten Einfluss hatte das Konzept der Achtsamkeit in der Verhaltenstherapie. Viele Autoren sprechen nach der behavioristischen und der kognitiven Wende von der „dritten Welle“ oder auch von der „Achtsamkeitsrevolution“.  Drei achtsamkeitsbasierte Verfahren sind beispielweise:

MBSR: Mindfulness-Based Stress Reduction (Kabat-Zinn)
MBSR ist ein von Jon Kabat-Zinn entwickeltes Verfahren zur Reduktion von Stress mittels Achtsamkeitsübungen. Die Wirkung des Programms wurde in vielen klinischen Studien nachgewiesen und MBSR-Kurse werden in Amerika mittlerweile in über 400 Kliniken angeboten. MBSR kann helfen, mit Stress, Ängsten und Depressionen aber auch mit Schmerz und chronischen Erkrankungen besser umzugehen. Ein MBSR-Kurs dauert acht Wochen.
Im Verlauf dieser acht Wochen müssen alle eilnehmenden pro Tag 45 Minuten mit Achtsamkeitsübungen verbringen, insbesondere:
- Sitz- und Gehmeditation
- Bodyscann (Angeleitetes Erkunden des Körpers)
- Yoga-Übungen (Einfache Yoga Übungen)

MBCT: Mindfulness-Based Cognitive Therapy (Williams, Teasdale, Segal)
Die Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie wurde auf der Grundlage von MBSR entwickelt und den speziellen Bedürfnissen von depressiven Menschen angepasst, indem Elemente aus der kognitiven Verhaltenstherapie hinzu genommen wurden . Ziel ist insbesondere die Rückfallprophylaxe von Patienten mit Depression.
Auch die MBCT wird innerhalb von acht Wochen durchgeführt. Neben Übungen aus der MBSR (Meditation, Yoga, Bodyscann) machen die Teilnehmenden Übungen, die Ihnen helfen eine akzeptierendere und flexiblere Haltung gegenüber Ihren Gedanken und Gefühlen einzunehmen.
Es wird z.B. durchgehend ein Kalender für positive und negative Erfahrungen geführt. Die Erlebnisse werden dabei genau untersucht: Wie war mein Körpergefühl während des Erlebnisses? Welche Gedanken oder Bilder hatte ich Kopf? Welche Gefühle gingen mit dem Erlebnis einher?

ACT: Acceptance & Commitment Therapy (Hayes)
Auch die Acceptance & Commitment Therapie zählt zu den achtsamkeitsbasierten Therapieverfahren. In sechs Schritten soll der Patient zu einem akzeptieren und bewussteren Umgang mit sich selbst finden und sich sinnvolle Ziele setzen und diese anstreben.
1. Entwicklung von Bereitschaft und Akzeptieren.
Im ersten Schritt werden Patienten an die Möglichkeit herangeführt, Gefühle und Erlebnisse voll zu empfinden und nicht zu vermeiden. Durch das achtsame Wahrnehmen der verschiedenen Aspekte soll eine größere Verhaltensflexibilität entstehen.
2. Kognitive Defusion
Im zweiten Schritt gewinnen Klienten durch das achtsame Wahrnehmen von Sprache und Gedanken Distanz. Es sind nur Gedanken oder nur Wörter, die bestimmte Gefühle in uns auslösen. Durch die Lockerung der Identifikation mit sprachlichen Prozessen kommt es zu dieser sogenannten kognitiven Defusion.
3. Präsent sein
Im dritten Schritt werden klassische Achtsamkeitsübungen gemacht um das Gewahrsein des Moments im Klienten zu fördern.
4. Selbst als Kontext
Im vierten Schritt wird das Selbst als Kontext herausgearbeitet. Unser Selbst ist eine Perspektive auf die Dinge, dem Ort von dem aus wir alle Fragen beantworten, also eine Art achtsamer innerer Beobachter. Das Selbst oder Ich als Kontext unterscheidet sich von dem Erlebnis und ist ein stabiler sicherer Ort.
5. Wertvolle Orientierungen
Die ACT möchte Klienten ermöglichen ein Leben in Übereinstimmung mit ihren Werten zu leben. Im fünften Schritt werden die Werte oder Haltungen des Klienten sichtbar gemacht.
6. Engagiertes Handeln
Im Verlauf der Therapie sollen die Klienten auch die Möglichkeit erwerben, Ihre Werte in ihr Leben einzubringen und aktiv umzusetzen

Focusing
Der Methode „Focusing“ wurde in den 70er Jahren von Eugene T. Gentlin in Amerika entwickelt. Fosusing ist eine Methode mit der man, durch Achtsamkeit und Konzentration, Kontakt zum einem Körper aufnimmt. Der Körper trägt bestimmte Themen oder Probleme auf seine Art und man kann über Körperempfindungen damit in Kontakt kommen und arbeiten. Denn der Körper kennt auch die Ursachen und Lösungen für das Problem.
„Focusing nenne ich die Zeit, in der man mit etwas ist, das man körperlich spürt, ohne zu wissen was es ist. Was man aber weiß, ist, daß dieses körperliche Gefühl mit irgendetwas im Leben zu tun hat!“ (Gentlin)
Dieses körperliche Gefühl bezeichnet Gentlin als „Felt Sense“
Wenn der Felt Sense wahrgenommen, begrüßt und benannt wird, kann eine körperliche Bewegung entstehen, der sognannte „Body Shift“. Durch seine Reaktionen weist der Körper den Weg und gibt Antworten, die für das Rationale Bewusstsein oft überraschend sind.
Focusing als Methode kann im therapeutischen Prozess eingesetzt werden aber auch in vielen anderen Bereichen: In der Beratung, in der Selbstführung, beim Umgang mit überwältigenden Gefühlen, um Blockaden und Abhängigkeiten zu lösen, um Entscheidungen zu treffen, um berufliche Situationen zu klären, in Paarbeziehungen, in der kollegialen Beratung und ganz generell beim Umgang mit Problemen.